“raster”

– ein mathematisches Bild der U n e n d l i c h k e i t.
Projektionen auf die Westfassade Kölner Dom
und die Domplatte, 1998

Die Projektionen auf die Westfassade Kölner Dom

 

Erich Franz 

„Das Licht ist eine Erfahrung des Übergangs  – wenn das, worauf das Licht fällt, sich vor unserem Blick zurückzieht, wenn die Materie sich auflöst und dann das Licht nicht mehr nur etwas sichtbar macht, sondern sich selbst zeigt. Die steinerne Fassade verwandelt sich bis zu 60 m Höhe, d.h. im Ausmaß ihres mittelalterlichen Ausbaus tatsächlich in ein besonderes Licht. Das ist gar nicht spektakulär: dieses Licht tritt nicht in Wettstreit mit dem Neonlicht-Reklamespektakel der Großstadt, sondern es zeigt sich als ein ganz anderes Licht: wie von innen her, eine ausgebreitete und gleichmäßige Vibration von Licht, ein allmähliches Stillwerden in dieser gleichförmigen und weit im Dunkel ausgedehnten Unruhe. Die gotische Fassade betont in ihrer Ordnung ihre eigene Begrenztheit, ihre körperhafte Einteilung. Die gotische Vergitterung der Fassade gleicht die Teile des Baukörpers zwar einander an, aber seine Begrenztheit steht immer noch nachdrücklich hinter dieser mehrschichtigen Auflösung und Entmaterialisierung. Das projizierte Raster besitzt dagegen keine Mitte und keine Grenze. (…). Das Zentrale der Arbeit von Katarina Veldhues und Gottfried Schumacher ist tatsächlich das Thema des Übergangs. Der Mensch findet sich, sogar ungewollt, als Passant dieses Platzes, einbezogen in das Werk, das sich auf die Domfassade richtet und das – ganz respektvoll und behutsam – deren mittelalterliche Begrenztheit mit seiner modernen Unabgrenzbarkeit verschränkt. Übergang und Verschränkung wird zur besonderen Qualität.“

(in: Die Lichtprojektion auf die Westfassade Kölner Dom von Katarina Veldhues und Gottfried Schumacher, Köln (1998), erschienen in Verlag Kettler, Bönen/Westf. 2003).

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Christiane Vielhaber

„Den Auftakt machte eine beeindruckende Lichtkunstprojektion von Katarina Veldhues, mit der sie die Westfassade der Kathedrale zu abendlicher Dunkelheit in ein völlig neues Licht rückte. Nicht alle Künstler, die in Bezug auf ihre Arbeiten gerne von neuen Wahrnehmungen reden, sind auch in der Lage, diese tatsächlich zu sinnlicher Anschauung zu bringen. Den nächtlichen Lichtskulpturen der in Münster lebenden Künstlerin gelang dies überzeugend. Ob sie ein feines Netz aus Quadraten über die Fassade legte, das sich dann auf dem Boden fortsetze und damit die gotische Strebepfeiler-Architektur wie in einer Aufrisszeichnung sichtbar machte, oder ob sie das wesenhaft Fragmentarische dieser ewigen Baustelle betonte, indem sie dieses Raster nur bis zu einer Höhe von 60 Metern projizierte, um damit die vom Mittelalterbis in 19. Jahrhundert turmlos unvollendet gebliebene Gestalt der Kathedrale in Erinnerung zu rufen – die zurückhaltene Art ihrer aufscheinenden Denkbilder auf der Domhaut werden in der Erinnerung haften bleiben”.
(in: KUNSTZEITUNG, (Hrsg.: Lindinger & Schmidt), Nr. 19, März 1998).

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