(deutsch) Nachtfahrt, Projektionen aus einem fahrenden Passagierbus durch die Wälder, 2013

NACHTFAHRT

WESTWALL / HELDEN, 2012

Für die neue Reihe in Bewegung gesetzter Projektionen hat das Künstlerpaar Katarina Veldhues und Gottfried Schumacher eine Busfahrt mit etwa 50 Passagieren entlang einer abgesteckten Strecke des Westwalls in der Nordeifel, Frankreich und Belgien realisiert. Sie war Teil eines 600 km langen Walls aus zahlreichen verborgenen Bunkern sowie der Höckerlinie, der sogenannten “Siegfriedline” im nationalsozialistischen Regime. In einem eigens für die Fahrt geheuerten Bus lassen Veldhues und Schumacher einen Hochleistungs -Projektor „mitfahren“. Die Position des Projektors ist ein Fenster im Mittelteil des Fahrzeugs. Das Objektiv ist nahe am Fensterglas installiert. Die Vorgabe für den Busfahrer sind maximal 17 km/h Geschwindigkeit. Die Fahrt geht mit der Dämmerung in einer Schleife durch ein Waldstück, an einer aufgelassenen amerikanischen Radarstation vorbei und entlang einer Reihe von Bunkern, die heute als Biotope im Gelände verborgen liegen. Katarina Veldhues und Gottfried Schumacher fokussieren mit einer Lochscheibe ähnlich einer camera obscura in die Landschaft, die erst durch die Bewegung des Fahrzeugs entlang an Sträuchern und Bäumen Leben bekommt. Für eine Teilstrecke im Buchenwald projizieren Veldhues und Schumacher die stillen Porträts junger “Helden”. Modelle sind anonyme junge Männer im Alter von 17 bis 20 Jahren. Ihre Angesichter sind ein einziges Verweben und Auflösen in Baumstämmen, im Geäst, in den Blättern, in den Farben des Herbstes zunehmend bis hin zur Unkenntlichkeit der wirbelnden Köpfe, die sich um ihre eigene Achse drehen und nicht ruhen wollen. Sie werden Teil der Natur im Prozess von Auflösung, Übergang, Zustandswechsel, Verfall. “Helden” wird, wenn man an die immer jünger werdenden Soldaten unter Hitlers Diktatur der letzten Kriegsjahre denkt, zur Metapher des Übergangs und des Todes. In der Dunkelheit führt der reale Wald das Angesicht der jungen Männer vor Augen, bevor sie ganz verschwinden. Passagiere werden zu Zeugen des Geschehens. Sie sehen durch das Glas der Fenster des Fahrzeugs wie durch eine dünne Membran zwischen innen und außen, – oft im direkten Gegenüber der bewegten Köpfe draußen in der Nacht.

Förderer:  NRW-City-Offensive: Kunst im öffentlichen Raum, Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport des Landes NRW, Stiftung Künstlerdorf Schöppingen, Filmherstellung in Zusammenarbeit mit der Filmwerkstatt Münster, 2012.